Seilerei
Nach erfolgreichen Verhandlungen konnte am 22.01.2002 der Mietvertrag zwischen dem Eigentümer, Herrn Bruno Stakemeier und dem Förderverein Heimatpflege u. trad. Brauchtum Rüthen e.V. zum Abschluss gebracht werden. Sodann wurde im Frühjahr des Jahres 2002 mit den umfangreichen Aufräumarbeiten des Seilereigebäudes begonnen. Im Anschluss daran wurde die zur Stadtmauer gelegene Giebelwand aufgebrochen und mit einer Außentür versehen. Das schadhafte Mauerwerk wurde neu verfugt sowie an der Giebelwand teils neu vermauert, das Dach abgedeckt, ausgebessert, neu verlattet und wieder neu eingedeckt. Sämtliche Fenster wurden entfernt, entrostet, neu verglast, gestrichen und wieder eingebaut. Zum Wohnhaus Stakemeier wurde eine Trennwand eingezogen. Zum Seilereigebäude wurde vom Hexenturm Strom gelegt und dort Lampen zur Ausleuchtung sowie Beleuchtung der Ausstellungsstücke installiert. Die Innenwände wurden gereinigt und geweißelt. Der Boden wurde neu versandet. Im Eingangsbereich wurde eine Abtrennung (Zaun) zum Grundstück Stakemeier sowie der Stadtmauer errichtet. Der „Vorplatz“ wurde gepflastert sowie mit Strahlern zur Beleuchtung der Giebelwand versehen.
Heute befinden sich imm Innern zahlreiche alte Werkzeuge, Geräte und Maschinen dieses Handwerks, mit deren Hilfe auch noch heute einem interessierten Publikum die Herstellungsart von Seilen demonstriert werden kann.
Im Mai 2003 wurde das Seilereimuseum wieder eröffnet und der Öffentlichkeit übergeben.
Historisches
Das Handwerk der Seilerei (reepschleger oder reepdreger)gehörte schon vor vielen Jahrhunderten zu den zahlreichen außerzünftigen Berufen.
In den städtischen Berufs- und Gewerbestatistiken des 19. Jh. wird das Seilerhandwerk in Rüthen für 1848 mit 6 Betrieben, 1885 mit 3 und 1900 mit 2 Betrieben dokumentiert. Einer dieser alteingesessenen Werkstätte war die Seilspinnerei Hartmann, die schon Anfang des 19. Jh. von Franziskus Hartmann betrieben wurde. Mit dem Tod seines Enkels Josef Hartmann 1937 starb das Seilereigewerbe in Rüthen endgültig aus.
Das aus Ziegelstein gefertigte, überdachte und mit 25 Fenstern ausgestattete massive Seilbahn-Gebäude wurde 1914 auf einer Länge von 60 m errichtet und stellt heute in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild auch überregional ein sehr selten gewordenes gewerbliches Baudenkmal dar.
Hergestellt wurden in dieser Seilerei vor allem Produkte nach Bedarf und Bestellung der Landwirtschaft, so z.B. Garbenbänder, Viehhalfter, Pferde- und Pflugleinen, Bandstricke für Heu- und Getreidefuhren, Zugseile unterschiedlicher Längen und Stärken etc., aber auch zeitweise Schiffstaue, Fischernetze, Glockenseile und immer eine Großzahl von Bindfäden und Wäscheleinen für den allgemeinen Hausgebrauch. Angefertigt wurden alle Seilereiprodukte aus Hanf, der zum größten Teil in Ballenform aus Russland geliefert wurde.
Bevor allerdings die Seile, Stricke und Leinen ihre gewünschte Form in Länge und Durchmesser erhielten, mussten aus dem Rohhanf nach den Verarbeitungsstufen Hecheln und Kämmen erst lange Fäden gesponnen werden. Im weiteren Fertigungsprozess wurden dann die einzelnen Fäden zu Schnüren gedreht (zwirnen), die je nach Bedarf anschließend in mehrzahligen Fadenbahnen durch weitere genau abgestimmte Drehvorgänge mittels Seilgeschirr und –wagen zum gewünschten Endprodukt gestaltet wurden. So entstand aus den Hanffäden eine Schnur, aus den Schnüren ein Strick, aus den Stricken schließlich ein entsprechend starkes Seil: Arbeitsvorgänge, die in der Zeit vor der Elektrifizierung viel körperliche Kraft und spezielles Geschick verlangten.